Dieser Text ist in der taz erschienen.
In der zurückliegenden Woche gab es gleich zwei bemerkenswerte gerichtliche Entscheidungen: erst hat der Europäische Gerichtshof das so genannte „Privacy Shield“ für nicht verfassungskonform erklärt. Ein Datenabkommen zwischen den USA und Deutschland das seine martialische Bezeichnung scheinbar nicht verdient hat. Zuvor war bereits der Vorgänger, das „Safe-Harbor-Abkommen“ gekippt worden. Einen Tag später hat das Bundesverfassungsgericht die Bestandsdatenabfrage einkassiert. Diese Urteile stehen in einer langen, traurigen Tradition. Die Gerichte mussten in den letzten Jahren immer wieder die Bürgerrechte gegen die Politik durchsetzen.
Dabei wäre das eigentlich die Aufgabe der Politik, gerade auf europäischer Ebene. Das Versprechen Europas ist es doch ausreichend Macht zu haben, um die eigenen Grundwerte in der Welt durchzusetzen. Stattdessen sehen wir eine Datenschutzbehörde in Irland die alles dafür tut, um den Sitz der großen Digitalkonzerne im eigenen Land zu behalten. Wir erleben eine europäische Kommission, die ein verfassungswidriges Abkommen einfach noch einmal abzeichnet und ihm einen neuen Namen verpasst. Mit seriösem Datenschutz und Grundrechtsschutz hat das nichts zu tun.
Überwachung muss immer den Zweck haben die Freiheit zu schützen. Das muss der Grundsatz des politischen Handelns sein. Nicht die politischen Interessen der Konzerne oder die vermeintlichen Interessen einiger Sicherheitsbehörden. Es muss der Schutz der Menschen sein. Es kann nicht sein, dass Aktivisten das immer und immer wieder vor Gericht erstreiten müssen und die Politik das einfach immer und immer wieder ignoriert. Datenschutz und Grundrechte sind kein „nice to have“ sondern elementarer Bestandteil und Grundvoraussetzung unserer Demokratie. Doch wir erleben heute Digitalkonzerne die durch ihr Datensammeln eine beängstigende Detailkenntnis über unsere Leben haben. Wir erleben Sicherheitsbehörden die immer weitreichendere Durchsetzungsmöglichkeiten erhalten. Und wir erleben eine Politik, die dem zuschaut oder es noch befördert.
Überwachung muss immer den Zweck haben die Freiheit zu schützen. Das muss unser neuer gesellschaftlicher Leitsatz werden. Dieser Satz gilt dann aber nicht nur für Gerichte, sondern er gilt auch für die Politik.